Rundbrief 34 – Mai 2022

Inhalt:

Wichtig!

Versprochen hatten wir euch vor 4 Wochen, dass wir euch über unsere Kunsta(u)ktion, über den Start des HEJ-Projektes und über die First Aid Kits für die Ukraine berichten. Das wollen wir mit diesem Rundbrief machen – auch wenn wir damit unseren normalen 2-Monats-Turnus etwas durchbrechen.
Angela Maas fragte mich bei der Kunstauktion, warum diese mir am Herzen liegt. Ja, sie ist mir im letzten halben Jahr ans Herz gewachsen, weil ich so viele tolle Leute kennen gelernt habe. Viele Künstlerinnen und Künstler, die mit ihrer Kunst etwas ausdrücken wollen, etwas bewirken möchten. Letztendlich ist es das, was uns alle eint: Das Streben nach einer besseren, friedlicheren, humaneren, lebenswerten Welt.

Die Kunstauktion war, da darf ich ehrlich sein, anfangs nur Mittel zum Zweck. Ein Mittel, um die finanzielle Seite unserer Projekte zu sichern. Das ist uns auch ein Stück weit gelungen. (Zwischen den Zeilen lest ihr, dass ich nicht ganz zufrieden bin. Aber wer mich kennt weiß auch, dass ich selten ganz zu­frieden bin.)

Im Laufe des Projektes „Kunsta(u)ktion“ habe ich aber gelernt, dass die Kunst selbst ein Mittel ist, die Welt zu verbessern. Manche „unserer“ Künstler*innen haben sogar die gleichen Themen wie wir – Arye Wachsmuth, Vera Sous und Willi Filz möchte ich hier nennen.

Grund genug, das Projekt hier nicht enden zu lassen, sondern weiter zu verfolgen.

Das Projekt HEJ wurde Ende April offiziell eröffnet. Lange war es nur unsere Hoffnung, dass das Projekt auf fruchtbaren Boden fallen würde. Nun ist es Gewissheit. Während die Erwachsenen (Lokalpolitiker*innen, Lehrer*in­nen, …) voller guter Worte waren, hatten die Kinder und Jugendliche leuchtende Augen und waren sofort dabei. Und Kinderaugen lügen nicht. Es scheint also, als lägen wir richtig.

Leider sind auch wir von den gestiegenen Baumaterialpreisen erwischt worden, so dass wir unser Budget überstrapaziert haben. Deshalb wäre es schön, wenn der eine oder die andere dieses Projekt mit einer Spende unter­stützen würde.

Beim Projekt „First Aid Kits“ für die Ukraine lief es anders: Idee und Spende wurden gleich­zeitig an uns heran getragen, so dass die Finanzierung gesichert war. Wir sind davon überzeugt, auch hier das Richtige getan zu haben – auch wenn wir nie erfahren werden, wo und wie die 1.000 Erste-Hilfe-Beutel einge­setzt worden sind.

Zu guter Letzt stellen wir noch zwei, eigentlich drei unserer Partner*innen im Interview vor:
Nele Müller und Renata Kunz stellen sich und die Renata gGmbH vor – ein Blick, der über das Projekt Grünheide hinaus geht.
Und die Malerin Lioba Feld erinnert sich zurück an ihre Zeit in Aachen, verbunden mit einem besonderen Bild.

Helmut Hardy

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Kunsta(u)ktion ein voller Erfolg

Unsere Kunstauktion ist vorbei. Wir sind etwas erschöpft, aber sehr froh.
Die Auktion war der Schlusspunkt dessen, was wir vor über 6 Monaten unter dem Stichwort „Kunsta(u)ktion“ begonnen haben.
Das „u“ in Klammern war das Zeichen, dass es nicht nur um eine Auktion geht:
– vor Weihnachten haben wir 13 Fotos von 3 Fotografen zum Thema „Flucht“ angeboten
– danach haben wir 27 Kunstwerke von 9 Künstler*innen zum Festpreis angeboten
und schließlich
63 Kunstwerke von 43 Künstler*innen versteigert.

Ana Sous

Die Kunstwerke wurden in der Woche vor der Auktion in einer Ausstellung präsentiert. Ana Sous und Roland Mertens haben die Positionen der Kunstwerke lange diskutiert: „Welches Bild passt neben welches? Was geht gar nicht?“ Bei Eröffnung der Ausstellung am 16. April wurden sowohl die Qualität der Werke als auch ihre Präsentation allseits gelobt.

Lioba Feld und Albert Sous

Einige Künstlerinnen und Künstler waren in der Woche präsent und für Kunstinteressierte an­sprechbar. Vielleicht wurde manchem dabei klar, dass die Interpretation eines Kunstwerks sehr verschieden sein kann.

Die Auktion selbst fand dann mitten in der Ausstellung statt.

Zur Einstimmung spielte die Violinistin Nina Leonards mit zarten Tönen aus ihrem Repertoire der Weltmusik.

Violinistin Nina Leonards
Violinistin Nina Leonards

Dann übernahm die Moderatorin Angela Maas das Wort und fragte Helmut Hardy, den 1. Vorsitzenden des Aachener Netzwerks und zugleich auch Organisator der Auktion, warum ihm diese so am Herzen liegt. Seine Antwort:

Am Herzen liegen mir die Projekte unseres Vereins. Wie finanziert man nun diese Projekte? Eines unserer Projekte ist das Kinderheim Centar Duga in Bosnien. Dieses wurde gegründet und wird finanziert durch einen süddeutschen Verein. Zu Gunsten des Kinderheims macht Milan Mihajlovic, ein bosnischer Künstler, jedes Jahr eine Auktion – das letzte Mal vor ziemlich genau einem halben Jahr (14. Oktober).

Das können wir auch, dachten wir.

Mersiha und ich waren da und haben es uns angesehen. Und ein paar Kontakte geknüpft zu Künstlern, deren Werke man auch heute ersteigern kann: Milan Mihajlovic aus München, Adnan Dupanovic aus dem bosnischen Bihać, Amir Omerovic aus Bremen.

Parallel haben wir in Aachen erste Kontakte geknüpft. Geholfen dabei hat Michael Dohle, der viele Künstlerinnen und Künstler angesprochen hat und uns auch ganz praktisch geholfen hat.
Das, was wir uns sehr schwer vorgestellt hatten, wurde eine kleine Lawine. Der Schneeball kam ins Rollen und schnell hatten wir 50 Künstler*innen zusammen.

Die nächste Frage war das „Wo“. Wir kamen schnell auf das Depot und auf die Kom­bination zwischen dem Ausstellungsraum des Atelierhauses und der Piazza. Wir fanden einen Termin und alles war prima – bis der Krieg in der Ukraine los ging. Ein Anruf von der Stadt: „Die Piazza brauchen wir selbst.“ Plakate und Flyer waren gerade gedruckt und die Verzweiflung groß – aber kurz. Wir haben dann beschlossen, auch die Auktion im Ausstellungsraum zu machen – das Ergebnis sehen wir heute.

Wir stehen jetzt in der Ausstellung selbst, die Ana Sous und Roland Mertens gehängt haben. Die Unterstützung der beiden ist nur ein Beispiel für die zahlreiche Unterstützung, die wir erfahren haben.

Als Mathematiker hatte ich keinen besonderen Bezug zu bildender Kunst – jetzt habe ich immerhin eine Beziehung zu vielen Künstlerinnen und Künstlern, die nicht so „komisch“ sind, wie ich vorher gedacht habe. Sie sind mir, um auf die Eingangsfrage zurück zu kommen, in der Tat ans Herz gewachsen.

Aber sehr am Herzen, so fing ich an, liegen mir unsere Projekte. Unser Vereinsname ist sehr kompliziert, trifft es aber: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit.

Mit Hilfe eines Netzwerks von vielen Personen haben wir diese Ausstellung und diese Auktion auf die Beine gestellt.

Als Humanitäre Hilfe haben wir Anfang April noch einen Transport mit 30 Paletten an Hilfsgütern nach Bosnien geschickt. Nächste Woche werden wir 1000 First Aid Kits im Wert von 9.000 € in die Ukraine schicken.

Diese Woche hat Mujo unsere Sport- und Kreativ-Werkstatt HEJ in Zentralbosnien eröffnet – um den Kindern und Jugendlichen dort eine Perspektive zu eröffnen und Wege in ein friedliches Miteinander aufzuzeigen. Denn leider ist die Spannung zwischen den Bevölkerungsgruppen in Bosnien immer noch greifbar.

Das ist das, was mir – und uns – wirklich am Herzen liegt:
Ein friedliches Zusammenleben aller Menschen.

Benjamin Fleig und Angela Maas

Nach diesen einleitenden Worten übergab die Moderatorin den Staffelstab an den Auktionator Benjamin Fleig. Er verdient sein Geld mit Kunst, nämlich durch die Galerie vorn und oben im belgischen Kettenis. Während der Auktion zeigten sich seine Entertainment-Qualitäten – er war wahrscheinlich deutlich unterhaltsamer als ein „professioneller“ Auktionator.

Jede Künstlerin, jeder Künstler und jedes Kunstwerk hat eine Geschichte. Ein paar davon wusste Benjamin Fleig zu erzählen. So war das Bild Desertion schon 1989 in Aachen zu sehen, als Teil der Ausstellung „Deserteure“ im Bunker an der Junkerstraße. Einige der damaligen Künstler*innen waren auch jetzt wieder dabei: Bernd Radtke, Holger Vanicek, Jupp Linssen und Lioba Feld. Bernd Müllender, der damals die Ausstellung mit organisierte, wollte das Bild nun ebenso ersteigern wie der Sohn der Künstlerin, der das Bild gerne im Familienbesitz halten wollte. Der Bieterwettbewerb führte schließlich zum Aktions-Höchstpreis von 1.500 € – wodurch das Bild im Münsterland verblieb.

Die Versteigerung der „Desertion“ von Lioba Feld erbrachte 1.500 €

Nach 36 Werken brauchten alle eine kleine Verschnaufpause, bevor es in den Endspurt ging.

Halbzeitpause

Nun kamen u.a. das Corona-Collier und der Corona-Ring von Albert Sous „unter den Hammer“. Albert Sous, in Aachen durch den Kugelbrunnen bekannt, wurde an dem Tag 87 Jahre alt und sah zu, wie sich der Bieterwettbewerb entwickelte! Das Collier ging an eine Bieterin, die online geboten hatte, der Ring an eine Bieterin aus dem Publikum.

Albert und Ana Sous
Albert und Ana Sous

Am Ende des Tages waren insgesamt 27 Kunstwerke für über 13.000 € verkauft. Benjamin Fleig ließ erschöpft, aber zufrieden, den Hammer sinken.

Auktionator Ben(jamin) Fleig

Wir sagen vielmals Danke und (hoffentlich) bis zum nächsten Mal!

Helmut Hardy

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HEJ – wir sind gestartet!

Mujo Koluh hat ein für unseren Verein sehr typisches Projekt an den Start gebracht. Konnte er vorher vieles nur per Telefon organisieren, so wurden die letzten Feinheiten während der Osterferien vor Ort organisiert:

Nach etwas mehr als zwei Monaten Umbauzeit wurden am Samstag, den 23. April, wie geplant die zwei modern ausgestatteten Räume unserer Sport- und Kreativ-Werkstatt HEJ in Busovaca in Zentral-Bosnien offiziell eröffnet. Dabei ging es absichtlich um den Start der Aktivitäten und nicht um eine Eröffnungsfeier. Diese möchten wir idealerweise in Anwesenheit des Mannes machen, dessen Initialen der Werkstatt ihren Namen gaben. Wir alle im Aachener Netzwerk wissen, um wenn sich dabei handelt. Es ist die Zeit gekommen, dass dies auch unsere zahlreichen Rundbrief-Abonnenten (z.Z. 332) erfahren.

Heinz Emil Jussen

Es handelt sich näm­lich um den Gründer des Aachener Netz­werks und seinen jetzi­gen Ehrenvorsitzenden Heinz Emil Jussen. Dieses, wie Heinz es selbst bezeichnete „Zukunft-bezogene Projekt“, das den Kindern und Jugend­lichen aus der länd­lichen Gegenden Bosnien und Herzegowina gewidmet ist, ihnen viele sportliche, tänzerische und kreative Möglichkeiten bietet und letztendlich auch zusätzlichen sozialen Austausch ermöglicht, ist wie ich finde, ganz in Heinz’ Sinne! Abgerundet wird das Ganze durch die Tatsache, dass das Aachener Netzwerk in kommenden Jahr seinen 30. Geburtstag feiern wird.

Erste Aktivitäten

Obwohl das Interesse viel größer war, sind aus Platzgründen zum Start der Aktivitäten etwa fünfzig Kindern aus allen Klassen der beiden lokalen Grundschulen eingeladen. Begleitet wurden sie von mehreren Lehrer*innen und dem Schulleiter. Am Anfang der Veranstaltung wurden die Anwesenden von mir über die Ziele und Hintergründe der Werkstatt in Kenntnis gesetzt. Anschließend übernahm der Schulleiter das Wort und bedankte sich im Namen der Schüler*innen, der Lehrerschaft, der Gemeinde und in seinen eigenen Namen herzlich für das Projekt und versprach seine weitere uneingeschränkte Unterstützung (ich hatte natürlich schon einige Monate zuvor mit Ihm Kontakt aufgenommen und bis zur Eröffnung bereits in mehrerer Hinsicht eine gute Zusammenarbeit mit ihm gehabt). Als nächstes wurden den Schülern*innen der beiden Schulen einige Bälle zur Verfügung gestellt, die sie während der Unterrichtspausen nutzen werden.

Die Tanzschule Victory mit fünf wunderbaren Tänzerinnen und deren Trainerin Jasenka Bitic-Ramic sorgten anschließend für eine sehr schöne und fröhliche Stimmung. Die 8- bzw. 9-jährigen Tänzerinnen sind schon international erfolgreich unterwegs. Es war ein sehr schönes Gefühl im Hintergrund zu stehen und die beobachtenden Kindern flüstern zu hören: „Ich möchte auch einmal so tanzen können“. Damit sind also erste Träume geweckt und die Ziele gesetzt. HEJ wird den Schülern*innen bei der Verwirklichung zur Seite stehen. Frau Bitic-Ramic wird auch die Tanzkurse in der Werkstatt leiten. Am Ende der Veranstaltung haben wir alle zusammen vor einer der beiden Schulen einen Baum gepflanzt, um dem Projekt symbolisch alles Gute für die Zukunft mit auf den Weg zu geben.

Ein Baum – noch ist er kaum zu sehen

Schon eine Woche später, am 30. April fanden die ersten sportlich-tänzerischen Aktivitäten in der Werkstatt statt. Das Interesse der Schüler hat sich, wie an den Bildern zu sehen, durch viele Anwesende bestätigt. Der kreative Teil der Werkstatt startet, wegen der Feiertage, am 3. Mai, wobei der Aufbau der Gruppen schon stattgefunden hat. Für die Leitung wurde die Lehrerin Emira Mutic-Halilovic engagiert, die in beiden erwähnten Schulen unterrichtet und die Schüler*innen durchweg kennt. In den Ge­sprächen hinterließ sie einen sehr kompetenten Eindruck. Zudem ist sie ideenreich und musikalisch „unterwegs“, was dem kreativen Teil der Werkstatt in vieler Hinsicht zu Gute kommen kann.

Also: der Anfang ist gemacht. Wir haben aber noch vieles vor. Zahlreiche weitere Ideen müssen und werden mit Inhalten gefüllt werden. Dafür brauchen wir, neben dem motivierten Team, auch eure Unterstützung. Werden Sie Patin oder Pate eines oder mehrerer Schüler*innen (5 Euro pro Patenschaft und Monat) oder unterstützen Sie unser Projekt durch eine einmalige Spende. Die Kinder und Jugendlichen vor Ort werden uns allen durch ihren Fleiß dafür etwas zurückgeben.

Mujo Koluh

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HEJ-Patenschaften

Ohne Geld geht es nicht. Wir rechnen mit ungefähr 1.000 € Kosten pro Monat – das ist nicht wenig für unseren Verein. Deshalb möchten wir diese Kosten auf viele Schultern verteilen. 200 Kinder und Jugendliche werden wir fördern können. 5 € pro Monat pro Kind – das klingt machbar. Deshalb suchen wir 200 Personen, die eine oder mehrere Paten­schaften übernehmen. Über 50 Pat*innen haben wir schon gefunden.

Interesse? Hier ist das Formular für eine HEJ-Patenschaft!

Der Ausbau der Räume war unerwartet teuer, weil auch in Bosnien die Preise für Baumaterial angestiegen sind. Spenden würden uns deshalb sehr helfen:
Empfänger: Aachener Netzwerk
IBAN DE21 3905 0000 0000 3170 08
bei der Sparkasse Aachen
Verwendungszweck „Projekt HEJ“

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First Aid Kits

Alexander Kurgan ist in der Ukraine geboren, im Gebiet um Donezk. Er hat in Charkiw Flugzeug­bau studiert und dort als Konstrukteur gearbeitet. Seit 1996 ist er mit seiner Familie in Deutschland, seit 1998 wohnt er in Wuppertal. Von ihm kam die Idee, First Aid Kits in die Ukraine zu schicken. Daraus entspann sich eine Kooperation zwischen ihm, den Rotary Club Wuppertal-Haspel, dem Aachener Netzwerk und…

Hört sich doch alles ganz einfach an. Zumal es noch private Verbindungen zu einer Firma gibt, die so etwas herstellt. Aber so einfach war es dann doch nicht, weil ein Teil der gefragten Sachen einfach nicht lieferbar sind. So etwas einfaches wie Rettungsdecken, nichts kompliziertes. Aber kaum ist in China Corona, schon…

So haben wir unsere Nachfrage dem Angebot angepasst.
Bekommen konnten wir
– 1.000 Flaschen Desinfektionsmittel à 100 ml
– 5.000 Handschuhe
– 5.000 Mullbinden
– 3.000 Druckverbände
– 10.000 Pflasterstrips, elastisch und wasserfest
– 3.000 Verbandspäckchen
– 1.000 Druckverschlussbeutel

Eine Druckerei druckte uns noch 1000 zwei­sprachige Aufkleber – kostenlos – Danke!
Damit hatten wir Material für 1000 First Aid Kits.

Aus den Großpackungen sollte uns nun die gemeinnützige proviel GmbH diese Artikel in die 1000 Beutel verpacken – ganz einfach, dachten wir.

Erster Anruf: Da sind nur halb so viel Handschuhe geliefert worden wie versprochen. Kein Problem, denn wir haben noch viele in unserem Lager in Cronenberg.

Zwei Tage später: Da fehlen viele Druckverbände, ungefähr 2000. Nee, so kann sich doch eine Profi-Firma nicht vertun. Also fuhr der Chef selbst in die Filiale und machte sich ein Bild.

Die Handschuhe waren tatsächlich 5.000 Stück – und nicht 5.000 Paar. Und die Druckverbände waren mit den Mullbinden verwechselt worden, so dass 5 pro Tüte verpackt wurden, und nicht 3. Okay, 600 Tüten aufmachen, 2 Druck­ver­bände entnehmen, 600 Tüten wieder schließen.

Mittlerweile sind die First Aid Kits erst in Düsseldorf und dann in Lviv angekommen. Von dort werden sie weiter in den Osten transportiert, wo sie gebraucht werden. Leider.

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Interview mit der Renata gGmbH

Helmut Hardy (HH): Hallo Nele,
du bist von der gemeinnützigen Renata gGmbH, mit der uns ein wunderschönes Projekt verbindet.
Aber bevor wir dazu kommen, erst mal etwas privates. Wer bist du?

Nele Müller (NM): Hallo Helmut,
ich komme ursprünglich aus Hamburg, bin aber zum Studieren nach Berlin gezogen und lebe hier nun bereits seit 13 Jahren, also schon fast eine Berlinerin. Ich habe einen Master in Sozialarbeit gemacht und 6 Jahre in Berlin in der Kinder- und Jugendhilfe als Familienhelferin und Multi­familien­thera­peu­tin im Kinderschutz gearbeitet. Ich bin seit kurzer Zeit, letztes Jahr im August, selbst Mama geworden und möchte gerne irgendwann aufs Land ziehen und in einer großen Gemein­schaft mit Freunden auf einem Hof leben.

HH: Okay, und wer ist nun die Renata gGmbH?

NM: Das hat alles Ende 2019 begonnen, ich war auf der Suche nach einer neuen beruflichen Perspektive und wie es der Zufall so wollte, bin ich auf eine Stellenausschreibung der Kunz Holding gestoßen… Es war sofort ein Match.
Julian Kunz, der Geschäftsführer der Kunz Holding, und ich haben die Köpfe zusammen­gesteckt und überlegt: welche Menschen in unserer Gesellschaft leisten besonders viel und bekommen aber gleichzeitig weniger Chancen und Möglichkeiten? Wir haben überlegt, wo können wir wirklich eine hilfreiche Stellschraube sein und Menschen unterstützen, weil das System dort die Menschen nicht genügend erreicht.
Aus meiner beruflichen Vorerfahrung habe ich selbst miterlebt, wie schwer es allein­erziehende Eltern haben. Insbesondere dann, wenn der Wunsch nach einer sichereren finanziellen Lage und die damit verbundenen und notwendigen Veränderungen, wie zum Beispiel ein Studium, bestehen. Diese beruf­liche Veränderung dann umzusetzen, ist vielmals mit so vielen Hürden gekoppelt. Mit Beginn eines Studiums fällt das Nachgehen einer Erwerbstätigkeit weg… Bafög endet mit 35 Jahren… für Wohngeld wird ein Mindest­einkommen gebraucht usw…
Mit der Renata gGmbH wollen wir diesen Eltern dazu verhelfen, ihren Wunsch nach einer beruflichen Weiterbildung, zu ermöglichen und sie gleichzeitig dabei zu unterstützen. Wir bieten neben der finanziellen Unterstützung auch ein Begleitprogramm für unsere Stipen­diatInnen an, welches aus einem Angebot aus vernetzenden Gruppentreffen, einer indivi­du­ellen Beratung und einer Beratung für getrennt­lebenden Eltern besteht. Außerdem möchten wir bei einem fließenden Übergang in die Arbeitswelt nach Vollendung des Studiums/der Ausbildung helfen.
Seit der Gründung im Mai 2020 haben wir ausschließlich über private Spenden 26 StipendiatInnen zu einem Stipendium verholfen. Wir haben so viele Anfragen und eine lange Warteliste, wir erhoffen uns, durch ein größeres Netzwerk und Spenden noch mehr Stipendien vergeben zu können.
Ja, und neben mir sitzt die Frau, deren Namen die Gesellschaft trägt. Magst du dich vor­stellen?
Renata Kunz (RK): Mein Name ist Renata Zaniewska Kunz, ich bin in Polen aufge­wachsen. Mein Vater ist Deutscher und meine Mutter ist Polin. Meine Mutter ist in meiner Jugend in die USA gezogen. Ich habe meinen Vater und meine deutschen Halbgeschwister nie kennengelernt und weiß, wie es ist, ohne Eltern, Zuneigung und feste Strukturen aufzu­wachsen.
Es begegneten mir aber immer wieder Engel, die mich aufgefangen und auf den richtigen Weg geleitet haben.
Ich bin ein sehr emotionaler und impulsiver Mensch, mit Ecken und Kanten, und denke nur mit dem Herzen. Ich bin eine liebende Mutter und kann mit Ungerechtigkeit nicht umgehen.
Ich habe in meinem Leben vieles gemacht, und ausprobiert, gearbeitet und war jahrelang selbstständig.

Ich merkte mit der Zeit, dass es mich am zufriedensten und glücklichsten macht, wenn ich Menschen helfen kann. Besonders liegen mir Kinder und alleinerziehende Mütter am Herzen. Ich war selber eine alleinerziehende Mutter.
Die Renata gGmbH, die mein Mann nach mir benannt und gewidmet hat, ist eine tolle und funktionierende Plattform, um zu helfen. Seit mehreren Jahren existiert eine Förderung, die es ermöglicht, alleinerziehende Mütter und Väter wirtschaftlich zu unterstützen.

HH: Wie kam es zu dem Projekt in Grünheide?

RK: Der Ukraine-Krieg war ein Moment, der es mir ermöglicht hat, den Bereich der Flüchtlingshilfe innerhalb der Renata gGmbH zu übernehmen.
Es ist beeindruckend zu sehen, wieviel wir mit Liebe und Respekt bewegen können. Besonders die Kinder danken es uns in diesen traurigen Zeiten täglich mit einem Lächeln.
Wir haben mittlerweile eine Kooperation mit dem Landkreis in Grünheide etabliert und gigantische Geld- und Sachspenden erhalten, die es uns ermöglichen, pragmatisch zu helfen und den Menschen Würde und den Kinder ein Stück Lebensfreude zurück zu geben, obwohl diese im Krieg alles verloren haben.

HH: Arbeitet ihr mit anderen Organisationen zusammen?

NM: Bisher gibt es ein paar Vernetzungen mit anderen Organisationen, aber die Kooperation mit dem Aachener Netzwerk ist unsere erste und wir freuen uns sehr über eine bereichernde Zusammenarbeit. Wir möchten uns an dieser Stelle auch für die große Unterstützung bedanken, die wir bisher schon vom Aachener Netzwerk erhalten haben.

HH: Okay, so weit die Vergangenheit. Was sind eure Pläne für die Zukunft?

RK: Mein Ziel ist es dieses Projekt langfristig und nachhaltig mit der Renata gGmbH fortzuführen und weiter benachteiligten Kindern und Menschen zu helfen, zum Beispiel indem wir Waisenhäuser oder andere Einrichtungen eröffnen, die eine laufende Unterstützung und Integration ermöglichen.
Denn der Aufwand ist es wert.

HH: Und wie kann das Aachener Netzwerk euch dabei helfen?

NM: Das ist eine gute Frage. Wir wünschen uns, noch mehr Reichweite zu erlangen und bestimmt können wir viel vom Aachener Netzwerk lernen.

HH: Danke – ich wünsche uns eine weiterhin fruchtbare Zusammenarbeit!

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Interview mit Lioba Feld

Helmut Hardy (HH): Hallo Lioba,
du hast in Aachen studiert, wohnst jetzt in der Nähe von Münster und hast uns ein Gemälde für die Kunstauktion gespendet. Aber bevor wir dazu kommen, erst mal etwas privates.
Wer bist du?

Lioba Feld (LiFe): Ich bin seit 2004 frei­schaf­fende Künstlerin mit eigenem Atelier in Biller­beck, meiner Heimat­stadt, in die ich 1997 nach 17 Jahren Studium und Berufstätigkeit in verschiedenen anderen Städten zur Familien­gründung zurückgekehrt bin.

HH: Und was hat es nun mit dem Bild auf sich?

LiFe: Das Bild „Desertion“ ist 1989 entstanden. Damals war ich gerade dabei, mein Studium an der RWTH Aachen als Diplom-Ingenieurin für Architektur abzuschließen. Während des Architekturstudiums hatte ich zu malen begonnen, weil ich ein starkes Bedürfnis nach Bildern und Farben hatte, die ich nicht finden oder die ich mir als Studentin nicht leisten konnte. Das Malen war für mich mit der Zeit so wichtig und umfangreich geworden, dass ich mich um Ausstellungsmöglichkeiten beworben hatte. So kam es dazu, dass ich vom „Arbeitskreis von der Fahne“ eingeladen wurde, an einer Ausstellung zum Thema Deserteure der Wehrmacht teilzunehmen, die 1989 im Aachener Bunker an der Junkerstraße gezeigt wurde.
Anfangs habe ich mich mit dem Thema sehr schwer getan. Aber irgendwann wusste ich schließlich, was ich machen musste. Ich wollte den Moment versinnbildlichen, in dem sich ein Mensch, der sich in einer grausamen und aussichtslosen Situation befindet, auf das Leben besinnt, eine Entscheidung gegen blinden Gehorsam und gegen das Töten und Morden trifft und sich auf den Weg in eine unsichere aber auch lebensbejahende Zukunft macht.
So ist mein erstes Ölbild entstanden, das erste Bild, das in einer öffentlichen Ausstellung gehangen hat und das dann zum Titelbild der Ausstellung Deserteure gewählt wurde. Später wurde es auch noch für das Cover eines Buches der Heinrich-Böll-Stiftung verwendet.

HH: Aber wie kam das Bild nun zurück nach Aachen und zum Aachener Netzwerk?

LiFe: Gute Frage! Viele Jahre lang hatte es bei uns zu Hause in der Wohnung gehangen, war hin und wieder auf Ausstellungen zu sehen gewesen. Ich habe es aber nie zum Verkauf angeboten. Es ist auch innerhalb der Familie gewandert, immer unter der Voraussetzung, dass ich es zurück bekomme.
Dann schrieb mich im letzten November Bernd Müllender aus Aachen an, der damals die Ausstellung „Deserteure“ im Bunker mit organisiert hatte. Er bat mich um das Gemälde für eure Benefiz-A(u)ktion. Ich habe mich auf Eurer Website umgeschaut und hatte spontan das Gefühl, hier könnte es richtig aufgehoben sein.

HH: Das Aachener Netzwerk kanntest du also nicht?

Lioba Feld - Desertion
Lioba Feld – Desertion

LiFe: Nein, ich hatte Aachen bereits verlassen, bevor das Aachener Netzwerk gegründet wurde. Danach bin ich zwar mit meinem Mann immer mal wieder in Aachen gewesen, weil wir beide die Stadt sehr lieben, aber da waren wir dann eher Touristen auf einem Erinnerungs-Tripp an die Zeit, in der wir uns kennengelernt hatten.
Aber zurück zu eurer Benefiz-Aktion. Das Thema des Bildes ist zwar „Desertion“ – und vom Ukraine-Krieg war zu der Zeit noch kaum die Rede – aber so, wie ich es konzipiert hatte, passte es genauso gut auch allgemein zum Thema Flucht. Außerdem finde ich das, was ihr tut, sehr eindrucksvoll, wichtig und unter­stützenswert. Ich habe leider nicht viel Geld zu vergeben und bin zeitlich sehr eingespannt. Daher bin ich froh, auf diese Weise mit meinen Möglichkeiten einen Beitrag zu eurer Arbeit leisten zu können.

HH: Dein Werk war in der Auktion das teuerste. Wie kam das?

LiFe: Also zunächst einmal, mein Werk war nicht das teuerste in der Ausstellung. Da gab es einige Werke mit einem deutlich höheren Startgebot, wenn ich mich richtig erinnere. Aber ich hatte das Glück, dass es an dem Tag gleich drei Bieter für das Bild gab, die sich dann hochgeschaukelt haben. Bernd Müllender hatte mir bei seiner Anfrage bereits versichert, dass er mitbieten würde, falls ich das Bild zur Verfügung stelle. Wie hoch hat er allerdings nicht gesagt. Aber er hätte es schon 1989 gerne gehabt. Damals wollte ich mich aber nicht davon trennen und bis zu seiner Anfrage im letzten November hatte ich das auch nicht vorgehabt. Da ich mich aber nun dazu entschieden hatte, sollte es wenigstens einen ordentlichen Gewinn für das Netzwerk einbringen. Daher habe ich mich auch in meiner Heimat um Werbung für eure Benefiz-Auktion gekümmert und mich u.a. an die Zeitung gewandt. Der Artikel ist immer noch online zu finden. (weit genug herunterscrollen, damit man alles lesen kann!)
Dieser Artikel hat letztlich dazu geführt, dass auch unser Sohn (allerdings ohne mein Wissen) an der Auktion teilgenommen und ein Online-Gebot abgegeben hat. Als er dann mitbekam, dass ich immer weiter Werbung für die Auktion gemacht habe, hat er sich mit einem meiner Brüder zusammengetan und das Angebot noch einmal erhöht. Am Ende ist er sogar selbst zur Auktion gefahren, um sicher zu gehen, dass ihn keiner mehr überbieten kann. Ich war sehr gerührt, als ich davon erfahren habe.

HH: Nun ist dein Bild also wieder in der Familie? Was passiert nun damit?

LiFe: Es gehört nun meinem Sohn und befindet sich in seiner Wohnung in Münster, wo er mich noch am Abend der Auktion damit überrascht hat! Aber die Geschichte scheint noch weiter zu gehen. In der Zwischenzeit habe ich eine Anfrage aus Sachsen bekommen, wo das Bild möglicherweise demnächst als Leihgabe in einer öffentlichen Ausstellung zu sehen sein wird. Genaueres erzähle ich, wenn es dann tatsächlich dazu kommt. Auf jeden Fall werde ich versuchen, eine gute Reproduktion von dem Bild erstellen zu lassen, damit es uns nicht nur erhalten, sondern auch präsent bleibt.

HH: Gibt es noch etwas, das du uns sagen möchtest?

LiFe: Eure A(u)ktion hat für mich und das Bild viel in Bewegung versetzt. Unter anderem freue ich mich über die Belebung alter und das Knüpfen neuer Kontakte in meiner alten „Wahlheimat“ Aachen, wo ich fast 9 Jahre gerne gelebt habe. Die Ausstellung fand ich aus­gezeichnet gehängt. Vielen Dank dafür! Und sie war sehr sehenswert. – Also, wenn ihr wieder mal eine A(u)ktion startet, gebt mir bitte Bescheid. Ich bin gerne dabei! Und hoffentlich habe ich dann noch mehr Gelegenheit, mit weiteren Künstlerkolleg*innen aus der Region in Kontakt zu kommen, als es mir bei diesem Mal möglich war.

HH: Danke – es war schön, dich kennen gelernt zu haben!

LiFe: Das kann ich dir und euch nur zurück geben!

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