#10000Schuhe

Worauf haben wir uns da eingelassen?
Es ist ein Armuts­zeugnis. Trotz Pro­testen, Aktions­tagen und vielseiti­gem politischen Druck sehen wir weiterhin dieselben Bilder:
Eingestürzte Zelte, überflutete Wege und Menschen, die täglich durch Schnee und Schlamm waten müssen. Die systematische Entwürdigung durch die EU-Politik führt unter anderem dazu, dass tausende Menschen in griechischen Lagern und an der bosnischen Grenze keine richtigen Schuhe haben. Bei aller notwendigen systemischen Kritik dürfen wir diese akuten Bedürfnisse flüchtender Menschen nicht ignorieren. Deswegen wollte #LeaveNoOneBehind 10.000 Schuhe sammeln, um den dringenden Bedarf nach festem Schuhwerk an den EU-Außengrenzen wenig­stens ansatzweise zu decken.
Anfang Februar fragte Patrick für #LeaveNoOneBehind (Insider wissen, dass er auch Mitglied im Aachener Netzwerk ist), was wir davon halten. Klar, da sind wir dabei! Und wer noch? Unsere Partner von der Humanis­tischen Union Lübeck, Willkommen in Nippes, dem Hamburger Hilfskonvoi, die Seebrücken Gronau, Münster und Wuppertal, STELP in Stuttgart und Hermine in Würzburg. Hinzu kamen noch der Bundesverband NeMO, Hanseatic Help und Human Aid Collective in Chemnitz.
Gesammelt werden sollten Kinderschuhe ab Gr. 20, Damenschuhe Gr. 36 – 41 und vor allen Dingen Herrenschuhe Gr. 39 – 43. Nehmen wir die Schuhe persönlich an? Na klar. Und per Post? Why not?
Es wurde nicht lang gefackelt und am 17. Februar ging es schon los: Webseite, Facebook, Instagram, Twitter. Es wurde geteilt und weitergeleitet, was das Zeug hält. Und schon bald kamen die ersten Pakete bei uns an. Aus ganz Deutschland. Warum sooo viele? Ganz einfach: von den fünf Organisationen, die als Postadressen fungierten, stand das Aachener Netzwerk ganz vorne.

Jeden Tag kamen bis zu 30 Pakete in Aachen an
Liebe Zettel aus den Paketen

Nach einer Woche mussten wir sowieso nach Cronenberg und nahmen den ersten Kombi voll mit.
Aber dann ging es erst richtig los. Bis zu 30 Pakete am Tag kamen per DHL, Hermes, DPD und UPS. Der DHL-Bote wusste schon genau, wann ich zuhause bin und wo die Pakete hin kommen.
Bis zum 3. März, wo die Aktion offiziell endete, waren es über 250 Pakete. Dazu kamen noch zig Papier- und Plastiktüten, die persönlich vorbei gebracht wurden.
Für den 3. März haben wir uns also einen Anhänger geliehen und die ganzen Schuhe rein gepackt. Die ganzen Schuhe? Nein, ein guter Teil musste in der Garage bleiben und noch eine Woche warten.
In Cronenberg angekommen. trafen wir natürlich Bart, den „Chef“, Michael aus Wuppertal sowie Kristina und Ella aus Köln – inmitten einem Meer von Schuhen. Dabei hatten weder wir Aachener noch die Kölner ausgeladen.

Wir machten uns sofort an die Arbeit. Autos entladen, Kartons kleben, Schuhe sortieren – am Ende war kaum zu sehen, dass etwas weg war. Also mussten wir die Arbeit aufteilen: Sonntag die Kölner, Montag und Dienstag die Wuppertaler, Mittwoch die Aachener, Sonntag die Münsteraner – danach sah es deutlich besser aus.

Wir sortierten nach Mäner – Frauen – Kinder und auch nach Größen. Ein Teil der Schuhe sollte nach Bosnien, ein Teil nach Lesbos. Am 20. März lieh sich Michael von der Seebrücke Wuppertal einen Sprinter und brachte ein paar Kubikmeter Schuhe zu Hermine nach Würzburg. Dort wurden auch Schuhe gesammelt und zusammen geht’s von dort aus weiter nach Bihac.

Michael beim Beladen des Sprinters

Der Hauptteil der Schuhe war aber noch in Wuppertal-Cronenberg. Sie wurden ordentlich verpackt und auf Paletten gestapelt.
33 Paletten passen in einen großen LKW – und darunter wollten wir es auch nicht tun. Leider ist die Außentüre in Cronenberg nur 2 m hoch. Deshalb wurden unsere Paletten nur 4-lagig vorbereit und foliert.Am 30. März war es dann so weit. Bei strahlendem Sonnenschein trat eine internationale Crew an: zwei Deutsche, ein Marokkaner, ein Niederländer und zwei Syrer, später ergänzt durch einen ungarischen LKW-Fahrer mit einem bulgarischen LKW. Leider habe ich vergessen, den Fahrer des Gabelstaplers nach seiner Nationalität zu fragen – aber die ist auch nicht wirklich wichtig (Nachtrag: bosnisch).
Früh brachten wir die Paletten mit drei Hubwagen an die Straße und auf den Hof.

Als der LKW um 11 Uhr pünktlich kam, sagten wir dem Gabelstaplerfahrer der benachbarten Firma DGM – Mineralöle Dieter Gass Bescheid, der uns die Paletten und die BigBags auf den LKW hub – dafür ihm und seinem Chef nochmal 1000 Dank!
Danke natürlich auch an Bart, Helmut, Hicham, Mohammed, Ralf und Rami!
Und wo wir gerade beim Danken sind:
Mitgewirkt haben an dieser Aktion gemeinsam mit dem Aachener Netzwerk
Seebrücke Gronau
Seebrücke Münster
Seebrücke Wuppertal
Willkommen in Cronenberg
Willkommen in Nippes
sowie zahllose Einzelpersonen in ganz Deutschland, die uns ebenso zahllose Pakete zugeschickt haben.

Nach weniger als zwei Stunden war der LKW beladen, musste noch „verschnürt“ werden und machte sich dann auf die Reise nach Lesbos:

Nach getaner Arbeit gingen wir zum gemütlichen Teil über – mit Keksen und einem marokkanischem Tee.

 

 

 

 


Am 7. April sind unsere Schuhe auf Lesbos angekommen, am nächsten Tag wurde der LKW entladen!
Wer genau hinschaut sieht, dass der LKW bei der Abfahrt ein anderer war. Kein Wunder, denn Lesbos ist eine Insel, weshalb der erste LKW in Thessaloniki entladen wurde, von dort aus ging es auf die Fähre und dann mit einem zweiten LKW zum Lager von #LeaveNoOneBehind.
Die Entfernung und das zweifache Umladen machten den Transport auch deutlich teurer als unsere bisherigen Transporte nach Bosnien oder Calais. Liegen wir sonst meist knapp unter 2.000 € für einen kompletten LKW, so waren es dieses Mal fast 6.000 €. Hinzu kommt noch die Miete eines Sprinters für den Transport von ca. 2.000 Schuhen, die wir nach Würzburg gebracht haben, von wo aus sie weiter nach Bosnien transportert werden. Dazu kommt noch die Kosten für Anhänger, Gabelstapler, Hubwagen, Benzin, BigBags, Paketklebeband, Stretchfolie…, so dass wir insgesamt fast 8.000 € ausgeben mussten.
Schön, dass wir uns das leisten können! 1000 Dank an unsere Spender:innen!
Traurig, dass wir uns das leisten müssen!