Myriam © Giacomo Sini

Interview: Myriam von Collective Aid

Collective Aid ist in Bosnien, Serbien und Frankreich aktiv und hilft dort Menschen auf der Flucht. Das Aachener Netzwerk und Collective Aid (CA) haben eine offizielle Partnerschaft geschlossen – die natürlich noch mit viel Leben gefüllt werden muss.
Myriam Correa Zamora ist seit einem halben Jahr „Chefin“ von CA.

Helmut Hardy: Hallo Myriam, wie war dein Leben, bevor du bei CA „Director“ wurdest?

Myriam Correa Zamora: Geboren wurde ich vor 33 Jahren in Malgrat de Mar, in der Nähe von Bar­celona, also in Spanien. In Barce­lona habe ich Soziale Arbeit stu­diert. Danach habe ich in Bolivien und Griechenland gear­beitet. Eigent­lich wollte ich nur einen Monat nach Griechen­land – aber daraus wurden drei Jahre. Heute studiere ich noch Psychologie und Kriminologie.

Helmut: Und wie kamst du zu CA?

Myriam: Ich suchte gar keinen Job – ein Freund hat mir eine Stellenanzeige von CA geschickt und gefragt, ob es nicht etwas für mich wäre. Dabei kannte ich CA vorher nicht. Aber viele Probleme sind überall gleich und miteinander verwoben, so dass ich meine Erfahrungen aus Griechenland auch bei CA einbringen kann.

Helmut: Du hast deinen Job im Juli ange­fangen. Wie war die erste Zeit?

Myriam: In den vergangenen fünf Monaten ist sehr viel passiert und die Zeit ist so schnell vergangen. Aber ich denke, das gehört zu einem kreativen Job. Ich musste erst einmal diese mir zuvor unbekannte Organisation kennenlernen. Dabei habe ich von CAs Leuten auf allen Ebenen lernen können. Es sind viele gute Dinge passiert. Aber es sind auch viele neue rechtliche, administrative und betriebliche Herausforderungen auf mich zugekommen, die ich zu bewältigen hatte. Es war sehr interessant, aber auch sehr anstrengend. Wir arbeiten in Serbien, Bosnien und in Frankreich. Das macht es nicht ein­facher.
Aber mittlerweile weiß ich, wie CA funktioniert, ich kenne unsere Manager, unsere Koordina­toren und viele Volunteers.

Helmut: Was sind deine Aufgaben? Womit verbringst du den Arbeitstag?

Myriam: Ich bin die Kapitänin dieses großen Schiffs CA. Es ist eine große Ehre für mich, dazu gewählt worden zu sein. Ich muss den Überblick haben, über alles. Natürlich nicht im Detail. Mit unseren Managern rede ich fast täglich, mit den Koordinatoren ungefähr wöchentlich.
Leider sind unsere Gehälter nicht die besten. Die meisten Arbeitsverträge laufen über 3 oder 6 Monate. Mein Arbeitsvertrag als Direktor läuft 3 Jahre – eine echte Ausnahme.
Deshalb ist die Übergabe der Aufgaben und Kontakte bei einem Personalwechsel sehr, sehr wichtig. Es ist ein magischer Augenblick – hier dürfen keine Fehler passieren. Es ist eine meiner wichtigsten Aufgaben, das zu gewähr­leisten.

Des weiteren muss ich unsere Partnerorganisa­tionen kennen. Also ist es keine Überraschung, dass mein Tag aus Gesprächen mit anderen Leuten besteht, aus Meetings und Telefonaten.

Helmut: Worauf legt du den Fokus?

Myriam: Wir möchten den Geflüchteten helfen, aber wir dürfen auch unsere Leute nicht vergessen. Das sind oft sehr junge Leute, die schreckliche Dinge sehen und erleben. Und die große Verantwortung haben. Sie sind sehr smart – smarter als ich in ihrem Alter war.

Helmut: Was ist mit Finanzen?

Myriam: Interessanterweise habe ich wenig mit Finanzen zu tun. Wir haben ein gutes Finanz­team, dass mich da sehr entlastet. Allerdings waren wir bisher sehr von einem Partner abhängig – das möchten wir ändern. Das ist mein Hauptziel für 2022.

Helmut: Hast du, habt ihr Ziele für CA?

Myriam: Ich möchte auch unser Netzwerk vergrößern – sowohl mit kleineren wie mit größeren Organi­sationen. Collective Aid hat in Bosnien lange „für sich alleine“ gearbeitet. In letzter Zeit kooperieren wir stark mit anderen Organisa­tionen. Das ist mir wichtig, und da können wir noch besser werden.

© Giacomo Sini

Helmut: Was weißt du über das Aachener Netzwerk?

Myriam: Ich kannte das Aachener Netzwerk nicht, aber es wurde mir als sehr sympathisch vorgestellt. Als Organisation, die sich um Menschen in Not kümmert – nicht nur um Geflüchtete. Mit Hilfsgütern, aber auch anders – so, wie es nötig ist.
Dann, zu meiner Überraschung, las ich im Internet über die andere Seite, die Arbeit für den Frieden. Bina Mira, das Friedenstheater­treffen. Flame for Peace, der Lauf mit der Fackel. Das ist das, wo ich „herkomme“ und woran ich sehr interessiert bin. Die Arbeit für den Frieden ist sehr langfristig. Dafür braucht man einen langen Atem.
Humanitäre Hilfe und Friedensarbeit – zwei unabhängig scheinende Sachen – die aber überhaupt nicht unabhängig sind.

Helmut: Wie stellst du dir unsere Zusammen­arbeit vor? Was erwartest du von uns?

Myriam: Ihr vom Aachener Netzwerk habt diese Haltung, die ich sehr schätze, uns und anderen Organisationen zu helfen, wo ihr könnt.
„Getting involved“ – sich gegenseitig einbringen, sich helfen – das ist mir wichtig, auf allen Ebenen. Den Willen dazu, das ist es, was ich erwarte.

Helmut: Danke. Wir sind gespannt und freuen uns auf die Zusammenarbeit.

Das Aachener Netzwerk hat Collective Aid kurzfristig 6.000 € zur Verfügung gestellt, um die Gehälter des 1. Quartals sicher zu stellen.
Spenden direkt an:
Collective Aid, Calais
IBAN: FR76 1562 9026 2500 0224 6990 165
BIC: CMCIFR2A
oder an das Aachener Netzwerk:
IBAN: DE21 3905 0000 0000 3170 08
BIC: AACSDE33
Verwendungszweck „Spende Calais“