Interview: Lioba Feld

Lioba Feld war eine der wenigen Künstler*innen unserer Kunstauktion, die nicht in Aachen wohnen.
Im Interview haben wir sie gefragt, wie es dazu kam:

Helmut Hardy (HH): Hallo Lioba,
du hast in Aachen studiert, wohnst jetzt in der Nähe von Münster und hast uns ein Gemälde für die Kunstauktion gespendet. Aber bevor wir dazu kommen, erst mal etwas privates.
Wer bist du?

Lioba Feld (LiFe): Ich bin seit 2004 frei­schaf­fende Künstlerin mit eigenem Atelier in Biller­beck, meiner Heimat­stadt, in die ich 1997 nach 17 Jahren Studium und Berufstätigkeit in verschiedenen anderen Städten zur Familien­gründung zurückgekehrt bin.

HH: Und was hat es nun mit dem Bild auf sich?

LiFe: Das Bild „Desertion“ ist 1989 entstanden. Damals war ich gerade dabei, mein Studium an der RWTH Aachen als Diplom-Ingenieurin für Architektur abzuschließen. Während des Architekturstudiums hatte ich zu malen begonnen, weil ich ein starkes Bedürfnis nach Bildern und Farben hatte, die ich nicht finden oder die ich mir als Studentin nicht leisten konnte. Das Malen war für mich mit der Zeit so wichtig und umfangreich geworden, dass ich mich um Ausstellungsmöglichkeiten beworben hatte. So kam es dazu, dass ich vom „Arbeitskreis von der Fahne“ eingeladen wurde, an einer Ausstellung zum Thema Deserteure der Wehrmacht teilzunehmen, die 1989 im Aachener Bunker an der Junkerstraße gezeigt wurde.
Anfangs habe ich mich mit dem Thema sehr schwer getan. Aber irgendwann wusste ich schließlich, was ich machen musste. Ich wollte den Moment versinnbildlichen, in dem sich ein Mensch, der sich in einer grausamen und aussichtslosen Situation befindet, auf das Leben besinnt, eine Entscheidung gegen blinden Gehorsam und gegen das Töten und Morden trifft und sich auf den Weg in eine unsichere aber auch lebensbejahende Zukunft macht.
So ist mein erstes Ölbild entstanden, das erste Bild, das in einer öffentlichen Ausstellung gehangen hat und das dann zum Titelbild der Ausstellung Deserteure gewählt wurde. Später wurde es auch noch für das Cover eines Buches der Heinrich-Böll-Stiftung verwendet.

HH: Aber wie kam das Bild nun zurück nach Aachen und zum Aachener Netzwerk?

LiFe: Gute Frage! Viele Jahre lang hatte es bei uns zu Hause in der Wohnung gehangen, war hin und wieder auf Ausstellungen zu sehen gewesen. Ich habe es aber nie zum Verkauf angeboten. Es ist auch innerhalb der Familie gewandert, immer unter der Voraussetzung, dass ich es zurück bekomme.
Dann schrieb mich im letzten November Bernd Müllender aus Aachen an, der damals die Ausstellung „Deserteure“ im Bunker mit organisiert hatte. Er bat mich um das Gemälde für eure Benefiz-A(u)ktion. Ich habe mich auf Eurer Website umgeschaut und hatte spontan das Gefühl, hier könnte es richtig aufgehoben sein.

HH: Das Aachener Netzwerk kanntest du also nicht?

Lioba Feld - Desertion
Lioba Feld – Desertion

LiFe: Nein, ich hatte Aachen bereits verlassen, bevor das Aachener Netzwerk gegründet wurde. Danach bin ich zwar mit meinem Mann immer mal wieder in Aachen gewesen, weil wir beide die Stadt sehr lieben, aber da waren wir dann eher Touristen auf einem Erinnerungs-Tripp an die Zeit, in der wir uns kennengelernt hatten.
Aber zurück zu eurer Benefiz-Aktion. Das Thema des Bildes ist zwar „Desertion“ – und vom Ukraine-Krieg war zu der Zeit noch kaum die Rede – aber so, wie ich es konzipiert hatte, passte es genauso gut auch allgemein zum Thema Flucht. Außerdem finde ich das, was ihr tut, sehr eindrucksvoll, wichtig und unter­stützenswert. Ich habe leider nicht viel Geld zu vergeben und bin zeitlich sehr eingespannt. Daher bin ich froh, auf diese Weise mit meinen Möglichkeiten einen Beitrag zu eurer Arbeit leisten zu können.

HH: Dein Werk war in der Auktion das teuerste. Wie kam das?

LiFe: Also zunächst einmal, mein Werk war nicht das teuerste in der Ausstellung. Da gab es einige Werke mit einem deutlich höheren Startgebot, wenn ich mich richtig erinnere. Aber ich hatte das Glück, dass es an dem Tag gleich drei Bieter für das Bild gab, die sich dann hochgeschaukelt haben. Bernd Müllender hatte mir bei seiner Anfrage bereits versichert, dass er mitbieten würde, falls ich das Bild zur Verfügung stelle. Wie hoch hat er allerdings nicht gesagt. Aber er hätte es schon 1989 gerne gehabt. Damals wollte ich mich aber nicht davon trennen und bis zu seiner Anfrage im letzten November hatte ich das auch nicht vorgehabt. Da ich mich aber nun dazu entschieden hatte, sollte es wenigstens einen ordentlichen Gewinn für das Netzwerk einbringen. Daher habe ich mich auch in meiner Heimat um Werbung für eure Benefiz-Auktion gekümmert und mich u.a. an die Zeitung gewandt. Der Artikel ist immer noch online zu finden. (weit genug herunterscrollen, damit man alles lesen kann!)
Dieser Artikel hat letztlich dazu geführt, dass auch unser Sohn (allerdings ohne mein Wissen) an der Auktion teilgenommen und ein Online-Gebot abgegeben hat. Als er dann mitbekam, dass ich immer weiter Werbung für die Auktion gemacht habe, hat er sich mit einem meiner Brüder zusammengetan und das Angebot noch einmal erhöht. Am Ende ist er sogar selbst zur Auktion gefahren, um sicher zu gehen, dass ihn keiner mehr überbieten kann. Ich war sehr gerührt, als ich davon erfahren habe.

HH: Nun ist dein Bild also wieder in der Familie? Was passiert nun damit?

LiFe: Es gehört nun meinem Sohn und befindet sich in seiner Wohnung in Münster, wo er mich noch am Abend der Auktion damit überrascht hat! Aber die Geschichte scheint noch weiter zu gehen. In der Zwischenzeit habe ich eine Anfrage aus Sachsen bekommen, wo das Bild möglicherweise demnächst als Leihgabe in einer öffentlichen Ausstellung zu sehen sein wird. Genaueres erzähle ich, wenn es dann tatsächlich dazu kommt. Auf jeden Fall werde ich versuchen, eine gute Reproduktion von dem Bild erstellen zu lassen, damit es uns nicht nur erhalten, sondern auch präsent bleibt.

HH: Gibt es noch etwas, das du uns sagen möchtest?

LiFe: Eure A(u)ktion hat für mich und das Bild viel in Bewegung versetzt. Unter anderem freue ich mich über die Belebung alter und das Knüpfen neuer Kontakte in meiner alten „Wahlheimat“ Aachen, wo ich fast 9 Jahre gerne gelebt habe. Die Ausstellung fand ich aus­gezeichnet gehängt. Vielen Dank dafür! Und sie war sehr sehenswert. – Also, wenn ihr wieder mal eine A(u)ktion startet, gebt mir bitte Bescheid. Ich bin gerne dabei! Und hoffentlich habe ich dann noch mehr Gelegenheit, mit weiteren Künstlerkolleg*innen aus der Region in Kontakt zu kommen, als es mir bei diesem Mal möglich war.

HH: Danke – es war schön, dich kennen gelernt zu haben!

LiFe: Das kann ich dir und euch nur zurück geben!