Rundbrief 41 – Mai 2023

Inhalt:

Der Sommer kommt…

und unsere Projekte tragen Früchte:

HEJ ist im ersten Jahr gewachsen und gediehen. Sowohl die kleinen Künstler*innen als auch die etwas größeren Tänzer*innen sind mit Hingabe dabei – und erfolgreich.
Bina Mira ist schon lange erwachsen und hat die Corona-Phase gut überstanden. Die Planungen für die diesjährige Ausgabe im serbischen Šid sind schon weit gediehen. Im nächsten Rundbrief gibt es das „volle Programm“.

Unsere Ausstellung „Menschenrechte an den Außen­grenzen der EU“ lag durch Corona am Boden (im wahrsten Sinne des Wortes), steht aber dieses Jahr in vielen Schulen – und es gibt schon Termine für nächstes Jahr.

Unsere Aktivi­täten mit Ukrainer*innen, für Ukrainer*innen, in Aachen und der Ukraine lassen sich sehen und unsere Zusammenarbeit mit befreundeten Organisationen zahlt sich immer wieder aus.

Was etwas (zu) kurz kommt sind persönliche Treffen. Aber auch dazu gibt es jetzt zwei Gelegenheiten:

Am 10. Juni findet ihr uns von 14 bis 18 Uhr auf dem Aachener Weltfest – direkt am Bahnhof Aachen Schanz. An einem kleinen Stand auf dem Informationsmarkt werden uns die Besucher*innen am ehesten finden. In unserem Büro im ersten Stock gibt es bestimmt einen Kaffee oder einen Tee. Und in der Aula im zweiten Stock steht unsere Ausstellung „Menschenrechte an den Außen­grenzen der EU“.

Nach den Sommerferien feiern wir uns dann selbst. Am 9. September belegen wir ab 16 Uhr Haus und Hof des Welthauses mit zahlreichen kulturellen und kulinarischen Aktivitäten aus Anlass unseres 30jährigen Bestehens.

Es wäre schön, euch dort alle zu sehen!

Der Vorstand des Aachener Netzwerks

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30 Jahre Aachener Netzwerk
Save the date!

Wir laden Euch ganz herzlich zu unserer Jubiläumsfeier zum 30jährigen Bestehen unseres Vereins ein.

Diese wird am 9. September ab 16:00 Uhr im Welthaus Aachen stattfinden.

Wir hoffen auf zahlreiches Erscheinen, denn gerne wollen wir in „guter Gesellschaft“ – also mit Euch – allen feiern!

Obwohl wir noch nicht alle Details der Feierlichkeit festgelegt haben, haben wir jetzt schon eine Vorstellung davon, wie wir feiern möchten und werden.

Zu Beginn der Feier wird es einen offiziellen, nicht zu langen Teil geben: mit einer Laudatio, Reden und hoffentlich auch einer Kunstperformance.

In der Aula des Welthauses werden wir eine Ausstellung über unsere Arbeit und Projekte aus der Vergangenheit und Gegenwart zeigen. Weiter möchten wir in Dauerschleife alle Filme von und über das Aachener Netzwerk zeigen.

Wir gehen davon aus, dass das Sommerwetter mitspielen wird und freuen uns schon auf das gemeinsame Verweilen mit Euch in dem schönen und wilden Garten des Welthauses.

Eine kleine Bühne für eine „tolle Band“ werden wir dort aufbauen.

Das Feuer, egal ob Lager- oder Grillfeuer, sollte auch nicht fehlen.

Kulinarische Köstlichkeiten aus verschiedenen Ländern Europas und gute Getränke aller Art werden ebenfalls für unser „Gemeinwohl“ sorgen. Und einige tolle Ideen müssen noch reifen…

Also, merkt Euch bitte schon mal Datum und Ort des Geschehens vor.

Und wenn ihr jetzt schon Bescheid wisst, nehmen wir eure Anmeldungen unter Giana.Haass@aachener-netzwerk.de gerne entgegen.

Giana Haass

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1000 Paar Schuhe!

Zuletzt hatten wir im Dezember über unseren Berliner Freund Peter Bartel berichtet, der dort Laufschuhe sammelt, die dann von der nahegelegenen Hilfsorganisation „Wir packen’s an“ weiter transportiert werden.
Hatten wir im Dezember noch einen „Kontostand“ von 400 Schuhpaaren zu verzeichnen, so sind es mittlerweile 1000 Paar Schuhe.

Das Foto zeigt Peter Bartel und Thilo Schaufler von „Wir packen’s an“ bei der Übergabe.

„So kann’s weitergehen!“, schreibt Peter – dem ist nichts hinzu zu fügen.

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Special Olympic World Games 2023

Vom 17. bis 25. Juni werden in Berlin die Special Olympic World Games (SWOG) statt­finden. Vorher sind die Sportlerinnen und Sportler einige Tage in einer deutschen Stadt zu Gast. Jede Sportnation wurde dabei einer Stadt zugeordnet.

Wir vom Aachener Netzwerk werden dadurch Teil eines besonderen Projekts der Städte­region Aachen sein, denn die Städteregion Aachen ist vom 12. bis 16. Juni Gastgeber für die Sportdelegation von Bosnien-Herzegowina.

Was für ein glücklicher Zufall!

Schon vor einigen Monaten hat sich die Städteregion Aachen in Person von Frau Bettina Herlitzius an uns gewendet, wissend dass wir viele Projekte in Bosnien haben und hat uns gefragt, ob wir daran interessiert wären, die Gäste aus Bosnien und Herzegowina während ihres Aufenthalts in Aachen und der Region zu begleiten.

Da mussten wir nicht lange darüber nach­denken und haben sofort zugesagt. Giana Haass hat als Vertreterin des Aachener Netzwerks an allen 7 online-Vorbereitungs­treffen der Städteregion Aachen teilgenommen.

Teilnehmer*innen aus der Verwaltung, Politik, inklusiven Sportvereinen und wir als Nicht­regierungsorganisation haben gemeinsam beraten und die Vorbereitungen organisiert.

Die Städteregion hat sich sehr große Mühe gegeben und alles so organisiert, dass es den Gästen an nichts fehlen wird.

Mitte Juni ist es soweit.

Vom 12. bis 15. Juni wird die bosnisch-herzego­winische Delegation mit 40 Personen zu Gast in der Städteregion Aachen sein.

Die Delegation besteht aus 18 Sportlerinnen und Sportlern (Fußball, Basketball, Schwimmen und Tischtennis), 5 Helfer*innen, Trainerinnen und Trainern sowie offiziellen Vertreter*innen des bosnisch-herzegowinischen Sportbundes.

Unsere Mitglieder Dragana, Giana, Mersiha und Svjetlana sind mit dabei und werden die Delegation begleiten, betreuen und bei Bedarf dolmetschen. Und vielleicht kommen ja noch andere dazu.
Dragana hat sich als Heil- und Erziehungspflegerin sogar Urlaub dafür genommen und wird alle Tage dabei sein – gute Entscheidung, liebe Dragana – herzlichen Glückwunsch!

Das Programm ist sehr abwechslungsreich und wird vermutlich allen sehr viel Spaß machen: von einem Besuch des Gutes Hebscheid über einen Empfang beim Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier, einen Besuch der integrativen Sport- und Werkstätten, Stadtbesichtigung bis zum Grillen im Hörgeschädigten-Zentrum Aachen ist alles dabei.

Wir freuen uns bereits jetzt auf neue Bekanntschaften und eine besondere Projekt­erfahrung.
Im nächsten Rundbrief könnt ihr dann in Wort und Bild noch mehr über den bis dahin stattgefundenen Besuch erfahren.

Giana Haass

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SOS Bihać in Syrien

Die erste humanitäre Hilfslieferung nach Syrien folgt auf die Hilfsaktion im türkischen Erdbebengebiet.

Anfang Mai fand die erste humanitäre Hilfslieferung zur Versorgung der syrischen Flüchtlinge auf syrischem Staatsgebiet durch unsere Partnerorganisation SOS Bihać statt.

Durch zahlreich eingegangene Spenden konnte das Aachener Netzwerk im Februar, kurz nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei, SOS Bihać bei ihrer ersten Fahrt und Zustellung der humanitären Hilfe für die Erdbebenopfer in der Türkei unterstützen. Darüber berichteten wir in unserem Februar-Rundbrief.

Bis heute wurden insgesamt 10.000 € gespendet – eine großartige Summe, die man gut auch in Flüchtlingscamps auf syrischem Staatsgebiet einsetzen kann, denn die Not dort ist sehr groß.
Das Team von SOS Bihać konnte in der Türkei neue und wertvolle Kontakte knüpfen, hauptsächlich mit einheimischen NGO´s. So auch mit BEŞIR DERNEĞI, der Organisation, die dem SOS Bihać half, die notwendigen Unterlagen und Genehmigungen für die Einreise nach Syrien und zum Flüchtlingskamp zu besorgen.

Und so ging es für Zlatan und sein Team schon wenige Wochen nach ihrer Rückkehr aus der Türkei wieder weit Richtung Süden, dieses Mal nach Syrien.

Das Flüchtlingscamp ist unmittelbar an der Grenze zwischen Syrien und Türkei auf der syrischen Seite gelegen und nur 6 km von der türkischen Stadt KiIlis in der gleichnamigen Provinz entfernt.

Kilis ist die Stadt, die 2016 Schlagzeilen machten als in ihr die Zahl der syrischen Flüchtlinge die Zahl der Einheimischen überschritt: 127.000 Syrer und 93.000 Türken. Das Zusammenleben verläuft bis heute friedlich und das liegt wohl an der türkischen Gastfreundschaft und syrischem Fleiß, wie Die Zeit in einem ihrer Artikel vor einigen Jahren schrieb. Heute leben in der Türkei 3, 4 Millionen syrische Flüchtlinge.

Das Gebiet auf syrischer Seite steht unter türkischer Verwaltung, berichtet Zlatan.
Die politische Lage vor Ort sei sehr kompliziert, der offensichtliche Einfluss der syrischen, amerikanischen und türkischen Politik vor Ort „hässlich“, meint Zlatan.

Gleichzeitig betont er aber, dass Hilfs­lieferungen nach Syrien möglich und auch notwendig sind.

Denn oft berichtet die internationale Presse, dass ein Zugang auf das syrische Staatsgebiet nicht möglich sei. Nach Zlatans erster Erfahrung kann man sagen, dass es zumindest sehr schwer ist.

Aber SOS Bihać konnte sich zum Glück vom Gegenteil überzeugen.

Es dauert in der Regel 4 Wochen, bis die notwendigen Genehmigungen, die man für die Einreise nach Syrien braucht, erteilt werden. Die Genehmigung für jede weitere Fahrt wird aber nach dem ersten Mal schnell und unproblematisch ausgestellt, erzählt Zlatan von Erfahrungen des SOS Bihać.

Ende April machte sich ein 7 Personen starkes Team von SOS Bihać mit einer LKW-Ladung voller Hilfsgüter und einem Transporter nach Syrien auf und kam am 2. Mai im syrischen Flüchtlingscamp an.

10.000 Menschen leben in dem von SOS Bihać besuchten Flüchtlingscamp, davon sind 7.000 Kinder. Es ist ein Meer von weißen Zelten, die hier als Behausung dienen. Es gibt keine Kochmöglichkeiten, keine Sanitäranlagen und auch keinerlei medizinische Versorgung. Die Menschen sind dort fast auf sich alleine gestellt.

Zwei türkische NGOs wirken noch vor Ort, indem sie die Lebensmittel aus Kilis in das Camp bringen. Würden sie es nicht tun, würden die Menschen weiter in die Türkei ziehen wollen. Mit bereits 3,4 Millionen dort lebenden Syrern hat der türkische Staat aber keine Aufnahmekapazitäten mehr. Deswegen ist es wichtig die Flüchtlinge auf der syrischen Seite zu betreuen, wenn auch notdürftig. Medizinische Versorgung gibt es nur sporadisch – wenn zufällig ein Arzt oder eine Ärztin aus dem Ausland das Camp besuchen.

Die erste Hilfslieferung von SOS Bihac bestand aus

  • 5 Paletten neuer Schuhe
  • 2 Paletten Babykleidung
  • 2 Paletten Babynahrung
  • 8 Paletten Lebensmittel
  • 1 Palette Feuchttücher und
  • einem Container, der bereits bei der ersten Fahrt nach Hayat mitgenommen wurde.

Die im Camp lebenden Menschen haben sich sehr über die angekommenen Hilfsgüter gefreut und haben beim Ausladen des LKW mitgeholfen.

Die Kinder bekamen als erstes Süßigkeiten geschenkt – die Freude in ihren Augen zu sehen ist die beste und schönste Belohnung, die man für die unsere Arbeit bekommen kann, sagt Zlatan.
Das SOS Bihać-Team konnte in der Zeit vor Ort beobachten, dass täglich immer neue (kurdische) Flüchtlinge, die aus dem syrischen Landesinneren flüchten, in diesem riesigen Flüchtlingscamp ankommen.
So war es für das Team schon vor dem Antreten der Rückreise klar: weitere humanitäre Hilfstransporte nach Syrien durch SOS Bihać werden folgen.

Am 22.05., nicht mal drei Wochen nach ihrer Rückkehr, meldete Zlatan uns, dass ihnen die Genehmigung für die nächste Fahrt bereits vorliegt.

Es steht also fest: die zweite Fahrt nach Syrien folgt schon in wenigen Wochen, sobald die Situation nach den Überschwemmungen in Bosnien unter Kontrolle ist und die zweite Runde der türkischen Präsidentschaftswahl stattgefunden hat.

Der Plan von SOS Bihać ist es, im Flüchtlingscamp eine medizinische Station einzurichten und mit medizinischen Gerät­schaften und Grundmedikation auszustatten. Dazu wird man den Container verwenden, der schon in die Türkei transportiert wurde und dort bereit steht.

Weiter sollen große Mengen Mehl und andere Lebensmittel in der Türkei für die Versorgung der Menschen in Syrien eingekauft werden.

Diese Nachricht freut uns alle sehr! Mit unseren finanziellen Unterstützung und der Tatkraft von SOS Bihać-Team wird den Menschen auch in Syrien so viel wie möglich geholfen.

SOS Bihać möchte der Welt zeigen, dass die Zustellung der Hilfsgüter funktioniert und den Menschen auch auf syrischem Staatsgebiet geholfen werden kann. Dabei haben sie unsere volle Unterstützung!

Wir wünschen ein gutes Gelingen für die zweite Fahrt und bedanken uns herzlichst bei allen unseren Unterstützerinnen und Unterstützern für ihre Spenden, wodurch sie unsere und die humanitäre Arbeit unserer Kooperationspartner möglich machen.

Giana Haass

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Transport in die Ukraine

Julia Shporina ist Ukrainerin, aber schon lange in Deutschland. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine kümmert sie sich sowohl um ihre Landsleute in Aachen als auch um Hilfstransporte in die Ukraine. Sie schreibt:

Wie ihr wisst, sammeln wir vom Aachener Netzwerk Spenden für die Ukraine. Der jetzige Zustand im Land ist erbärmlich. Leider sind die Flüchtlingswellen nicht nur hier in Deutschland so stark, sondern im Landesinneren noch stärker. Die Menschen sind quasi gezwungen umzusiedeln. Die Städte sind auch in großer Not, alle Ankömmlinge zu versorgen. Es wird ja kaum noch was produziert.

Von der Änderungsschneiderei Janni in der Aachener Franzstraße haben wir Unmengen an Kleidung bekommen – Danke! Seht euch selber die Bilder an.

Zusätzlich hat die Wuppertaler Firma Holzhäuser, Partner des Aachener Netzwerks, 169.000 Einmalhandschuhe in unter­schied­lichen Qualitäten gespendet.

Viele Nutzer des Portals nebenan.de fühlten sich angesprochen und spendeten mit. Kleider, Essen, Geschirr etc. Eine Super-Spende bekam ich mit zwei Transporten aus Monschau gebracht, die voller Utensilien für Kranken­häuser waren. Alles lagerte ich in meinem trockenem Keller (hoffentlich liest das mein Vermieter nicht).

Anschließend haben wir in Zusammenarbeit mit der Wohltätigkeitsstiftung „In Erinnerung an V.I. Lytvyn” aus Rokytne (Nähe Kyiv) in der Ukraine eine wahnsinnige Aktion durchgeführt. Jarek und sein Team aus Düsseldorf holten zuerst die Handschuhe aus Wuppertal und am nächsten Tag Medizin und Kleidung aus Aachen!!! Die Aktion lief super ab!!!

Dann hat aber das ukrainische Ministerium uns leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die ließen sich ordentlich Zeit wegen der Papiere – mit denen sie „nicht ganz“ zufrieden waren.

Am 14. April bekamen wir endlich das o.k. vom Ministerium. Und die Aktion hatte ein erfolgreiches Ende. Nun durfte alles in der Ukraine verteilt werden.

Das Mechnikov-Hospital in Dnipro bedankte sich anschließend für die medizinischen Handschuhe.

Evgenij Naselenko, Oberhaupt der Gemeinde Savran (bei Odessa) schreibt uns:
„Wir bedanken uns herzlich für diese Lieferung aus der Stadt Aachen, vom Aachener Netzwerk. Danke für Medizin, Handschuhe und Kleidung. Ein großes Dankeschön für die humanitäre Hilfe an Julia Shporina und Vladislav Haiduk und allen anderen, denen wir nicht egal sind.“

Auch wir danken allen Spender*innen und Helfer*innen für die Unterstützung.

Wenn ihr euch an den Transportkosten für diese und weitere Hilfslieferungen beteiligen möchtet:
Aachener Netzwerk, IBAN DE21 3905 0000 0000 3170 08, Stichwort „Ukraine“. Gerne mit eurer Adresse für die Spendenbescheinigung.

Julia Shporina

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Geflüchtete und die deutsche Sprache

In unserem allerersten Rundbrief, vor genau 6 Jahren, stand unter dem Titel „Geflüchtete und die deutsche Sprache“:

„Deutsch sprechen“ ist der Name einer Whatsapp-Gruppe, die aktuell ca. 60 Personen umfasst. (…) Wir wollen miteinander sprechen, voneinander lernen und miteinander Spaß haben – ganz zwanglos.

Die Gruppe von damals gibt es schon lange nicht mehr, aber nun gibt es eine neue Gruppe gleichen Namens, vorwiegend aus Ukrai­ner*innen. Wir treffen uns wöchentlich im Welthaus, im Büro des Aachener Netzwerks, und sprechen bei Getränken und Keksen… Deutsch (und manchmal auch etwas Ukrai­nisch). Die WhatsApp-Gruppe hat über 70 Mitglieder und zu den Treffen kommen ungefähr 10 Personen. Waren es 2017 vorwiegend junge Männer, so sind es jetzt fast nur Frauen.

Und da wir zum Sprechen ein Thema benötigen, stellen wir uns gegenseitig vor, fragen uns nach Berufen, Hobbys, Sprachschulen, Erfahrungen in Deutschland …

Es gibt viele Parallelen zu damals, aber es gibt auch Unterschiede. Deutsch ist eine schwere Sprache, auch für Ukrainer*innen. Alle besuchen Sprachkurse und nicht alle Kurse sind gleich gut.
Viele Frauen haben Kinder dabei. Die Mütter erzählen, dass die Kinder es leichter haben, Deutsch zu lernen. Sie sprechen ungehemmter und nehmen die neue Sprache schneller auf.

Fast alle Teilnehmer*innen haben in der Ukraine gearbeitet, als Buchhalterin, Finanz­fachfrau, Bauingenieur, Biologin, Apothekerin. Nun suchen sie hier ihren Weg, um schnell wieder in „Lohn und Brot“ zu kommen. Denn viele möchten hier in Deutschland bleiben – obwohl ihnen die Heimat fehlt.

Ende Mai war ein Mitglied aus der damaligen Gruppe da, ein Syrer, und hat von seiner Flucht erzählt und von seinem „Ankommen“ in Deutschland. Sowohl von seinem „Ankommen“ im Spätsommer 2015 als auch von seinem beruflichen und privaten „Ankommen“ in den letzten 7 Jahren.

Nach dem Treffen schrieb eine Teilnehmerin: „Nach unseren Treffen bin ich noch mehr motiviert, Deutsch zu lernen. Dankeschön!“

Das ist es, was uns motiviert!

Helmut Hardy, Julia Shporina, Rami Ghebor

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Ein Jahr HEJ – eine tolle Geschichte

Unsere Sport und Kreativwerkstatt HEJ ist Ende April ein Jahr alt geworden. Die Ideen und Pläne, die wir bei der Gründung hatten, sind voll aufgegangen. Die kleinen und etwas größeren Mitglieder zeigen seit der Eröffnung nicht nur durchgehend viel Interesse, sondern entsenden auch wunderbare kreative Impulse.

Die Höhepunkte des Jahres 2022 waren mehrere tänzerische, schauspielerische und kreative Vorführungen und Ausflüge, die vorwiegend in Eigenregie der Kinder ent­standen sind. Die Fernseh-Reportage beim staatlichen bosnisch-herzegowinischen Sender „Federalna televizija“ hat das HEJ-Jahr 2022 auf eine wunderbare Weise abgerundet.

Anfang 2023 nahmen unsere Jüngsten (5-6 Jahre alt) bei einem landesweiten Malwett­bewerb teil. Insgesamt gingen mehr als 1000 Kunstwerke von kleinen und nicht mehr so kleinen Künstlerinnen und Künstlern ein. 6 Schülerinnen und Schüler haben schließlich gewonnen – darunter das HEJ-Kind Esada Sabanovic in der Kategorie Vorschule/Kinder­garten. Und mit ihr gewann die ganze HEJ-Gruppe den Hauptpreis – einen eintägigen Ausflug zur beliebten Erlebnisfarm Malak.

Am 23. April war der 1. Geburtstag von HEJ, der zwei Tage später mit einer bunten und fröhlichen Geburtstagsparty gefeiert wurde.

Nach einigen Monaten Vorbereitungszeit und vielen sehr konstruktiven Gesprächen wurde Anfang Mai eine Partnerschaft zwischen der Bertolt-Brecht-Gesamtschule (BBG) in Bonn und HEJ bzw. den Schulen der Gemeinde Busovača, in den sich HEJ befindet, in die Wege geleitet.

Am 5. Mai haben sich die BBG-Schüler*innen bei einem ganztägigen Schul-Projekttag Gedanken über die Inhalte der Patenschaft gemacht, die zwei Wochen später in Bosnien präsentiert und diskutiert wurden.

Unsere schöne Idee gedeiht und entwickelt sich also weiter. Wenn Sie uns dabei unterstützen möchten, können Sie das gerne tun! Entweder mit einer monatlichen Spende als Pate/Patin oder mit einer einmaligen Spende auf das Konto des Aachener Netzwerks, IBAN DE21 3905 0000 0000 3170 08 mit dem Verwendungszweck „HEJ“.

Mujo Koluh

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Bina Mira 2023

Synergien im serbischen Šid:
60 Jugendliche aus 7 Nationen arbeiten kre@ktiv zusammen.

Erasmus+ hat für die 14. Auflage der Jugend­begegnung Bina Mira die finanzielle Förderung bewilligt und somit grünes Licht gegeben.

Los geht’s am 17.09.23: 11 Gruppen aus 7 Nationen besuchen die kleine Stadt Šid in Serbien, um dort die europäischen Werte Tole­ranz, Respekt, Demokratie sowie Integration und Inklusion miteinander zu leben.

Die Vorbereitungen via Mail, Whatsapp-Gruppen und anderen sozialen Medien laufen bereits auf Hochtouren. Workshop-Leiter und Räume stehen zur Verfügung, die jugend­lichen Teilnehmer dürfen sich entscheiden, welche der 7 Werkstätten am Vormittag in kleineren Gruppen mit abschließender Präsentation für sie in Frage kommt.

Kunst am Ehrenfriedhof
Kunst am Ehrenfriedhof

Am Nachmittag nehmen alle Teilnehmer der Bina Mira Jugendbegegnung, zahlreiche Kinder aus den Primar- und Sekundarschulen, mit und ohne Beeinträchtigung, Kinder aus dem Migrantenzentrum in Šid sowie viele Freiwillige der sehr motivierten Bevölkerung an den 3 zur Wahl stehenden Workshops teil: Tanzen mit öffentlicher Flashmob-Aufführung am 22.09.23 oder kreatives, dreisprachiges Schreibatelier zu 30 Jahren Aachener Netzwerk, 35 Jahre Erasmus+, 14 Bina Mira-Theatertreffen oder ein One-World-Peace-Run von wahlweise 3 km, 5 km oder 10 km, der die Läufer am Tag des Weltfriedens, am 21.09.23, nach entsprechen­dem Training zum Ehrenfriedhof der Sremski-Front führt.

Alle Abende stehen im Zeichen des Friedenstheaters. Auf dem Programm stehen Szenen, Theaterstücke für Große und Kleine und ein Musical zum zentralen Thema FRIEDEN. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen und am runden Tisch finden die abschließenden Gespräche statt.

Cvetin Anicic, der Projektkoordinator vor Ort, ein absolutes Multitalent auf der Bühne, wird dafür sorgen, dass alle eine unvergessliche Woche in Šid mit Besichtigung der beiden Kunstgalerien sowie Einblick in die Geschichte der Stadt erleben dürfen.

Als Antragstellerin, mit Unterstützung des Eupener Jugendbüros, mit Unterstützung des Aachener Netzwerks für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit und mit allen 11 Partnern aus 7 Nationen, wünsche ich mir ein großartiges Erlebnis für alle Teilnehmer*innen auf der Theaterbühne des Friedens im September 23.

Elfriede Belleflamme

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Unsere Ausstellung in Traunstein

Die Henastoibande e.V. ist ein gemein­nütziger Verein aus Traunstein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, sich für mehr Mensch­lichkeit und sozialen Aufbau einzusetzen. Die Projekte der „Bande“ umfassen Aus­stellungen, Veranstaltungen, Spenden­sammlungen und vieles mehr. Im März war dort unsere Ausstellung zu Gast:

Der Verein „Henastoibande“ zeigte in Kooperation mit dem „Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedens­arbeit e.V.“ die Ausstellung „Menschenrechte an den Außengrenzen der EU“ an vier verschiedenen Schulen im Chiemgau: an der Reiffenstuel-Realschule Traunstein, an der Walter-Mohr-Realschule Traunreut, an der Realschule Trostberg und am Annette-Kolb-Gymnasium Traunstein. Die Ausstellung wurde an jeder der Schulen für eine Woche aufgestellt und konnte von den Schüler*innen besucht werden. Auch schulübergreifende Projekte und Gruppen fanden statt.

Die Ausstellung war durchgehend gut besucht und wurde von den Schüler*innen und Lehr­kräften interessiert aufgenommen. Zahlreiche Klassen nutzten in verschiedenen Fächern die Möglichkeit, Ursachen und Hintergründe des Themas kennen zu lernen. Auch der Umgang der EU mit den Menschenrechten wurde in diesem Rahmen von den Kindern und Jugendlichen in den Blick genommen.

Nach den vier Wochen an den Schulen stellte die Henastoibande die Ausstellung vom 30.03.- 01.04. noch öffentlich im Vereinshaus Traunstein aus. Den Auftakt bildete am Donnerstag eine Abendveranstaltung: Mehrere Redner*innen beleuchteten verschiedene Aspekte des Lebens auf der Flucht, bis hin zum Ankommen in Deutschland.

Es sprachen Holger Eschenmüller vom Lautlos e.V. aus Trostberg, die Geflüchtete und lokale Projekte in Bosnien unterstützen, Hayat Niazi aus Trostberg, der von seiner eigenen Fluchtgeschichte erzählte und Eva Laskewitz und Johannes Lanser, die bei der AWO Traunstein und der Bürgerhilfe Tittmoning geflüchtete Menschen beim Ankommen unterstützen. Die Redner*innen konnten durch ihre persönlichen Erfahrungen die Inhalte der Ausstellung hervorragend ergänzen und mit Leben füllen.

Stefanie Mühlbacher, Henastoibande e.V.

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Projekt „Zeitenwende“

Zur Ausstellung „Menschenrechte an den Außengrenzen der Europäischen Union – Anspruch und Wirklichkeit“ am Cusanus-Gymnasium in Erkelenz

„Erst dachte er, es gab keinen Krieg, weil nicht geschossen wurde, aber die Waffe war die Untätigkeit, die Opfer die Flüchtlinge.“ Mit diesem Zitat äußerte sich Giana Haass, die zweite Vorsitzende des Aachener Netzwerks für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedens­arbeit anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Menschenrechte an den Außengrenzen der Europäischen Union – Anspruch und Wirklich­keit“, an der auch unsere Schulpflegschafts­vorsitzende Frau Prof. Dr. Seeger teilnahm. Die Ausstellung, die vom 3. bis zum 15. Mai im Atrium unserer Schule aufgebaut war, beschäftigt sich mit der Frage, wie man mit der Situation von Flüchtlingen umgeht und in welcher Verantwortung die Euro­päische Union dazu steht. Diese Ausstellung kam durch die Kooperation mit dem Aachener Netzwerk, das sich insbesondere für aktive und solidarischen Bekämpfung von Leid und Not durch humanitäre Hilfsprojekte und langfristige Projekte für Frieden und Völker­verständigung einsetzt, an unsere Schule.

Eröffnung der Ausstellung
Eröffnung der Ausstellung

„Anspruch und Wirklichkeit“ soll vor allem den jungen Menschen, aber auch allen Interessier­ten, die Situation der Flüchtlinge, die nach der achtjährigen Flüchtlingskrise kaum noch in den Medien präsent ist, vergegenwärtigen. Dabei ist die Ausstellung thematisch aufgeteilt und gibt den Besuchern einen Einblick in die zum Teil menschenunwürdigen Lebensbedingungen der Flüchtlinge. Das Ziel der Arbeit des Aachener Netzwerks ist es, Menschen zu helfen und aufzuzeigen, dass Mauern um die EU nicht die Lösung sein können. Um so viele Menschen wie möglich zu erreichen, war die Ausstellung auch für andere Schulen sowie für die Öffentlichkeit zugänglich. An der Organisation waren die beiden Schülerinnen Eva-Marie Deckers und Anna-Lena Domscheidt, Herrn Dr. Irmak und Giana Haass (zweite Vorsitzende des Aachener Netzwerks) beteiligt.

Alle Schüler*innen und Lehrer*innen waren herzlich eingeladen, die Ausstellung zu besuchen und mehr über diese Thematik zu erfahren. So kamen insgesamt mehr als 1.500 Schüler*innen aus dem Cusanus-Gymnasium und der benachbarten Realschule, welche von Schüler*innen des Leistungskurses Sozial­wissenschaft des Abschlussjahrgangs durch die Ausstellung geführt wurden. Einige Lehrer-innen und Lehrer sprachen das Thema im Unterricht an. Auch am Projekttag wurde das Thema in Diskussionen aufgegriffen und hinterließ so viele bleibende Eindrücke.

Kristina Parchkov, Presse-AG des Cusanus-Gymnasium Erkelenz

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Unsere Ausstellung im Welthaus

An den Außengrenzen der Europäischen Union wird oft und systematisch gegen die Menschen­rechte verstoßen. Da sind einerseits die katastrophalen Bedingungen in den Flüchtlings­lagern. Kein fließendes Wasser, fehlende Toiletten und Duschen führen zu mangelhafter Hygiene, die wiederum zu zahlreichen Krank­heiten führt. Andererseits die Abschottung der Grenzen mit Stacheldraht und illegalen Pushbacks, wobei die Flüchtlinge nach dem Grenzübertritt von der Grenzpolizei verprügelt, ausgeraubt und mit nichts zurückgeschickt werden.

Vor 3 Jahren haben wir deshalb die Ausstellung „Menschenrechte an den Außengrenzen der Europäischen Union – Anspruch und Wirklich­keit“ erstellt. Auf über 20 Rollups wird die Situation an den verschiedenen Außengrenzen der EU beleuchtet – jenseits von Medien­aktualität und tagespolitischen Ereignissen.

Im November 2020 hat die Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen die Ausstellung eröffnet, aber wir konnten, Corona-bedingt, z.B. keine Schulklassen einladen. Seitdem war die Ausstellung in ganz Deutschland auf Tour – nur in Aachen war sie nicht mehr zu sehen.

Das 37. Aachener Weltfest gibt uns Anlass, das zu ändern. Die Ausstellung ist in der Aula des Welthauses sowohl am 10. Juni im Rahmen des Weltfestes als auch im Zeitraum vom 3. bis zum 18. Juni samstags von 12 bis 17 Uhr und sonntags von 16 bis 19 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich.

Gruppen und Schulklassen können die Ausstellung auch werktags nach Absprache besuchen. Zur Terminabsprache reicht ein Anruf (0241/970138) oder eine kurze eMail an ausstellung@aachener-netzwerk.de.

Helmut Hardy

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Gemeinsam für ein sauberes Aachen

So heißt das Projekt, das wir bei „STAWAG macht grün“ vorgeschlagen haben. Wenn wir zu den Preisträgern gehören, möchten wir die Fördergelder verwenden, um eine gemeinsame Müllsammelaktion von Ukrainer*innen, Syrer*innen, Deutschen und allen anderen, die sich beteiligen möchten, zu finanzieren, vielleicht mit einem kleinen anschließenden gemeinsamen Fest.

Wir kennen viele Geflüchtete, die sehr dankbar für ihre Aufnahme hier in Aachen sind und die so etwas zurück geben möchten. Durch das gemeinsame Arbeiten sollen neue Bekanntschaften, vielleicht sogar Freund­schaften entstehen. Auf jeden Fall aber mehr Verständnis für die anderen – der Anfang von Toleranz.
Bitte gebt uns eure Stimme durch einen kurzen Klick auf https://stawagmachtgruen.de/.

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Hilferuf von Lesbos

Seit letzter Woche sind ca. 600 Personen von der offiziellen Essens- und Wasserverteilung im Lager auf Lesbos abgeschnitten. Das Ministerium für Migration in Griechenland hat entschieden, dass Menschen mit positiven und negativen Asylentscheidungen ab sofort keinen Zugang mehr zur offiziellen Versorgung haben. Diese Maßnahmen haben das explizite Ziel, geflüchtete Menschen aus dem Lager und aus dem Land zu vertreiben – lässt aber außer Acht, dass Menschen mit positiven Bescheiden noch Wochen und Monate auf ihre Dokumente warten, bevor sie sich frei bewegen dürfen. Menschen mit negativen Bescheiden müssen oft viele Male Einspruch einlegen, um Zugang zu einer fairen Prüfung ihres Falles zu bekommen. Alle diese Menschen haben keinen Zugang mehr zur offiziellen Essensversorgung.

Food bags
Food bags

Da hört es jedoch leider nicht auf: Auch NGOs wurden angewiesen, kein Essen oder Wasser an Menschen mit abgelehnten Asylbescheiden zu verteilen, sogar unter Androhung von Strafen bis hin zur Anklage wegen Beihilfe zur illegalen Migration. Die im Camp operierende NGO namens Zaporeak verteilte vor einigen Wochen noch täglich problemlos über 2.000 Mahlzeiten im Camp und unter anderem auch in unserem Community Center Paréa. Nun wird ihre Arbeit eingeschränkt und es steht in Frage, ob sie in Zukunft weiterhin auf Lesbos arbeiten können. Sie kommen nur noch mit Schwierigkeiten ins Camp und können dort nur sehr begrenzt Mahlzeiten ausgeben.

Als Europe Cares wollen wir diese Verletzung von Grundrechten nicht akzeptieren und bereiten zusammen mit unseren Partnern eine Notverteilung von Nahrungsmittelpaketen an die ausgeschlossenen Personengruppen vor. Jedes Nahrungsmittelpaket für eine Person kostet ca. 10€ und bietet das Nötigste für eine Woche.

Gemeinsam mit den Organisationen Leave No One Behind, Doro Blancke und Siniparxi konnten wir bereits über 400 Personen für die Verteilung registrieren. Diese Woche werden sie nun in Paréa von unserem Team versorgt. Wir wollen die Verteilung so lange fortsetzen wie nötig und machen gleichzeitig auf politischem Wege Druck, die Entscheidungen des Ministeriums zu revidieren. Hier gibt es erste Erfolge – es kann aber davon ausgegangen werden, dass zumindest für einen Monat die Versorgung mit Nahrungsmitteln über zivilgesellschaftliche Akteure gesichert werden muss.

Das können wir jedoch nicht alleine. Wir bitten um Eure Unterstützung, um schnell handeln zu können.
Liebe Grüße und danke von Lesbos,

Lennard Everwien, Europe Cares

Spendenkonto:
Europe Cares e. V.
DE13430609671240904900
GENODEM1GLS
Zweck: Essensverteilung Lesbos

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An den Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt

Der „Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina“ überwacht seit 1995 durch die Resolution 1031 des UN-Sicherheitsrates gemeinsam mit dem ihm unterstellten Büro des Hohen Repräsentanten (englisch Office of the High Representative, OHR, deutsch auch Amt des Hohen Repräsentanten) die Umsetzung der zivilen Aspekte des Dayton-Abkommens. Derzeitiger Amtsinhaber ist der deutsche CSU-Politiker Christian Schmidt.
Unsere Kritik an seiner Arbeit haben wir im folgenden offenen Brief formuliert:

Logo des Hohen Repräsentanten
Logo des Hohen Repräsentanten

Sehr geehrter Herr Hoher Repräsentant,
Sehr geehrter Herr Schmidt,
im Namen des Aachener Netzwerks für humani­täre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit wenden sich die Unterzeichner dieses Briefes an Sie.

Ziel unseres Briefes ist es, Sie für die Zukunft Ihrer Arbeit höflichst auf die Besonderheiten im Zusammenhang mit der theoretischen Grund­legung Ihres Amtes und im Zusammenhang den tatsächlichen Gegeben­heiten und Heraus­forderungen in Bosnien und Herzegowina zu sensibilisieren. Hierzu sehen wir uns nach den ersten eineinhalb Jahren Ihrer Amtszeit veranlasst.

Das Aachener Netzwerk bezweckt als gemeinnütziger Verein die aktive und solidarische Bekämpfung des Leids und der Not von Menschen im Allgemeinen und von Kindern und Jugendlichen im Besonderen aus und in Kriegs- und Krisengebieten, unabhängig von Staats-, Volks-, Religions- und Kultur­angehörigkeit, durch die Planung und Verwirklichung kreativer, humanitärer und interkultureller Hilfs- und Krisenprojekte, in erster Linie für Bosnien-Herzegowina. Im Rahmen unserer täglichen Arbeit sind wir nah an den Menschen, ihren Sorgen, Bedürfnissen, Ängsten und ihrem Leid. Unsere Perspektive ist eine unmittelbare und findet ihre Grundlage im persönlichen Austausch mit zahlreichen Beteiligten vor Ort.
Wir sind uns darüber bewusst, wie herausfordernd das von Ihnen bekleidete Amt ist. Wir erkennen insbesondere an, dass Sie als Amtsträger vielgestaltigen Interessen in einer multiethnischen Region gerecht werden müssen und die Umsetzung der zivilen Aspekte des Dayton-Abkommens für sich genommen eine fordernde Aufgabe ist.

Dennoch kommen wir nicht umhin, auf Unzulänglichkeiten in Ihrer bisherigen Amts­ausübung hinzuweisen und als Forderungen formulierte Bitten an Sie zu richten. Dabei verzichten wir auf eine Auflistung einzelner von uns erkannter Fehler und konkreter Vorfälle.

Im Jahr 1995 wurde der Krieg in Bosnien und Herzegowina durch den Dayton-Vertrag zum Stillstand gebracht. Der Vertrag wurde am 21. November 1995 in Dayton paraphiert und am 14. Dezember 1995 in Paris unterzeichnet. Um den Frieden in Bosnien zu sichern, hat die internationale Gemeinschaft das Amt des OHR (The Office of the High Representative) gegründet. Aufgabe des Hohen Repräsentanten ist es, die Friedensprozesse zu beobachten und sicher zu stellen und zur Friedenssicherung aktiv mitzuwirken. Zu diesem Zweck wurde das Amt mit den sog. Bonner Befugnissen ausgestattet.

Seit 2021 sind Sie Inhaber dieses Amtes. Sie haben sich verpflichtet, an den Friedens­prozessen im Land mitzuwirken. Mit Blick auf Inhalt und Art und Weise Ihrer Amtsausübung befürchten wir – bei unverändertem Fortgang Ihrer Amtsausübung –, dass die ange­sproch­enen Friedensprozesse und die politische Entwicklung Bosniens nicht angemessen begleitet und vorangetrieben werden.

Unmittelbar vor Ihrem Amtsantritt hatte Ihr Vorgänger, Dr. Valentin Inzko, ein Gesetz verabschiedet, welches die Leugnung des Genozids an den Bosnierinnen und Bosniern in Srebrenica unter Strafe stellt. So hat er eine rechtliche Grundlage gelegt, um Genozid-Leugnungen auf Rechtsebene und mit den Mitteln des Rechtsstaats zu begegnen. Mit großer Sorge beobachten wir das Verhalten einiger Bürgerinnen und Bürger und Politikerinnen und Politiker, insbesondere aus dem Gebiet der Republika Srpska, die den Genozid öffentlich und wiederholt leugnen – allen voran Milorad Dodik. Wir sehen uns nicht veranlasst, Nachweise hierfür beizufügen. Die Äußerungen von Milorad Dodik sind ob ihrer Häufigkeit mittlerweile allgemein bekannt. Nach unserer Einschätzung ist es höchste Zeit, dass Sie als Hoher Repräsentant einschreiten und der Genozid-Leugnung ein Ende setzen. Das Mindeste ist es, jeden zu Ihrer Kenntnis gebrachten Vorfall dieser Art zur Strafanzeige zu bringen und auf diese Weise eine Strafverfolgung in die Wege zu leiten. Ziel muss es sein, der gesetzlichen Grundlage Ihres Vorgängers Leben zu verleihen. Wir fordern Sie auf, Ihre Befugnisse im Sinne der Grundlegung Ihres Amtes konsequent zu nutzen.

Entsprechend bitten wir Sie, die hohe Wertigkeit Ihres Amtes gegen Angriffe von außen zu verteidigen. Der erwähnte Milorad Dodik, den wir pars pro toto anführen, hat Sie zuletzt als „Tourist“ bezeichnet und weiter ausgeführt, Sie seien „kein Repräsentant“. Eine öffentliche Reaktion hierauf betrachten wir als unabdingbar zur Wahrung der Integrität des Amtes.

In diesem Zusammenhang erwarten wir von Ihnen, offene Angriffe auf das den Bosnierinnen und Bosniern erfahrene Kriegsleid in aller Deutlichkeit zu verurteilen – ja, sich solchen Angriffen konsequent in den Weg zu stellen. Mit großem Bedauern haben wir beobachtet, wie Sie die Abhaltung der Militärparade zum 31. Gründungstag der Republika Srpska in Sarajevo – dem Herzen Bosniens und dem Ort der Belagerung durch die Armee der bosnischen Serben (und weiterer Einheiten) für die Dauer von 1.425 Tagen während des Krieges gegen Bosnien, mit 11.000 Toten – widerspruchslos geduldet haben.

Teil des angesprochenen Integritätsschutzes ist weiter ein angemessener Auftritt Ihrer Person in den Medien und in der Berichterstattung. Wir konnten in jüngster Zeit beobachten, dass Ihr Umgang mit kritischen Fragen von einer gewissen Ungehaltenheit getragen war. Aus Ihrer Zeit als Bundesminister in Deutschland wissen wir, dass Sie ein Staatsmann sind. Warum Ihnen diese Haltung nunmehr bisweilen verloren zu gehen scheint, vermögen wir nicht zu beurteilen. Wir erwarten von Ihnen als Hohen Repräsentanten aber ein öffentliches Auftreten und einen Duktus, die Ihrem Amt gerecht werden. Bei dieser Gelegenheit bitten wir Sie, solche Verhaltensformen zu vermeiden, die Bosnierinnen und Bosnier hinsichtlich ihrer Kriegsleiden zu retraumatisieren geeignet sind. So muss es eine Selbstverständlichkeit sein, sich als Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina nicht vor der Flagge „Herceg-Bosna“ zu zeigen und einer Veranstaltung beizuwohnen, bei der die Musik der ultranationalistischen und rechtsradikalen kroatischen Band Thompson, die Teile des Staatsgebiets Bosniens als Teil Kroatiens („Herceg-Bosna“) besingt, gespielt wird.

Wir bitten Sie ferner in aller Höflichkeit, Ihre Sprachkenntnisse hinsichtlich des Bosnischen und des Englischen zu verbessern. Die Sprache im menschlichen Miteinander ist das wichtigste Mittel der Verständigung. Demzu­folge ist es in der heutigen globalen Gesell­schaft von enormer Bedeutung, dass man – insbesondere, wenn man sich in politischen Diskursen bewegt – die Sprache des Landes, in dem man lebt und wirkt, sicher beherrscht. Uns fehlt die Vorstellungskraft, wie Sie Ihren Amtsverpflichtungen ohne Anwendung der Sprache des Landes, in dem und für das Sie Ihren Dienst versehen, nachkommen können.
Alles in allem betrachten wir unsere Ausführungen als Bitten und Anregungen im Sinne des Landes Bosnien und Herzegowina und der Region des Westbalkans, im Sinne des Friedens und im Sinne des Schutzes der Menschenrechte vor Ort.

Gerne laden wir Sie zu einem persönlichen Gespräch ein, das selbstverständlich auch via Zoom o.Ä. stattfinden kann, um den Inhalt unseres Schreibens persönlich mit Ihnen zu erörtern.
Das Aachener Netzwerk,
vertreten durch den Vorstand

Die Unterzeichner

Heinz Jussen, Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande

Helmut Hardy
Snjezana Giana Haass
Mujo Koluh
Mersiha Krivdić
Svjetlana Čatak
Julia Shporina
Dorothee Schack
Christoph Kampschulte
Peter Weber
Dirk Planert
Kristina Koch
Markus Reissen
Dragana Šavrljuga
Dirk Tentler
Ivana Buck
Lejla Đulić
Dr. Toni Böhme

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